© Lutz Knospe

Simone Kucher

Simone Kucher studierte Theaterwissenschaft, gender studies und Neuere deutsche Literatur in München und Berlin.
Ihr erstes Stück „Falls City“ kam 2005 in der Roten Fabrik in Zürich zur Uraufführung. Die Autorin wurde zur Dramatikerwerkstatt der Internationen Schillertage am Nationaltheater Mannheim (2005), der Nacht der Dramatiker der Münchner Kammerspiele (2005) und zur Theaterbiennale Wiesbaden „Neue Stücke aus Europa“ (2006) eingeladen und 2009 mit ihrem Stück „Silent Song“ für die St. Gallener Autorentage nominiert.
Für den Stückemarkt des Berliner Theatertreffens 2016 und den Autorentheatertagen 2018 am Deutschen Theater wurde sie mit dem Theaterstück „Eine Version der Geschichte“ eingeladen, in Koproduktion mit dem... Schauspielhaus Zürich.
Sie hat für den WDR3 die Hörspiele „Der Stimme ihren Ort zurück“ (2015), „Von einem zum anderen Tag“ (2017), „playgrounds“ (2019, gefördert von der Filmstiftung NRW) und „Nach dem Essen“ (2020, gefördert von der Filmstiftung NRW) geschrieben und für das Deutschlandradio das Feature „Eine kurze Geschichte des In- und Auswendigen“.
Mit dem Komponisten Petros Ovsepyan realisierte sie 2015 die Sprechoper „Sprach der Wolf“ im Rahmen der Klangwerkstatt Berlin.
Veröffentlichung von „Silent Song“ in Theater der Zeit.
Seit 2012 unterrichtet sie Kreatives Schreiben an der Frankfurt University of Applied Sciences, im Wintersemester 21/22 an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock.


Werke

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UA: Schauspielhaus Zürich/Autorentheatertage Berlin, 22.6.2018 (Berlin) bzw. 4.10.2018 (Zürich). R: Marco Milling
Mit Armenien verbindet Lusine vor allem Urlaubserinnerungen aus Kindheitstagen und Märchen, die ihr Großvater ihr einst vorgelesen hat. Auf Armenisch. Denn ihre Familie stammt aus dem Land im Kaukasus. Doch das ist lange her. Seither pendelt Lusine zwischen den Welten, zwischen Amerika und Deutschland. Ausgerechnet in Berlin aber wird sie von ihrer Familiengeschichte eingeholt. Charles, der Dirigent ihres Orchesters, plant ein Festival zum Jahrestag des Völkermords der Türkei an den Armeniern. Ihr Bruder Sammy bereitet eine Reise in die Türkei vor, um heimlich für ein Buch über den Genozid zu recherchieren. Und als wäre das nicht genug, kommt auch noch Lusines Mutter zu Besuch und versucht nicht nur, ihre Tochter mit Charles zu verkuppeln, sondern auch, sie davon zu überzeugen, sich als Armenierin zu fühlen. Lusine will den Zumutungen entfliehen – bis ihr auf der Straße ein alter Mann begegnet, mit einer ebenso geheimnisvollen wie vertrauten Geschichte.

"Der Titel deutet es klar an: Es handelt sich um eine Annäherung, um ein Herantasten an Geschichte, an eine mögliche Variante. Thematisch geht es um Armenien, um den Genozid, der zwischen 1915 und 1916 an diesem Volk verübt wurde, um die daraus resultierende Zerstörung und Zerstreuung ganzer Familien. Und es geht um Sprache, darum, wie man seine Muttersprache gelernt hat, wie man sie teilweise wieder verlernt, um Bilder, um (Volks-)Märchen in ihrer ursprünglichen Form, als mündliche Überlieferungen, als Parabeln. Welche Geschichten erzählt man sich über seine Ursprünge und Wurzeln weiter, und welche will man vielleicht gar nicht so genau kennen? Simone Kucher benutzt originale Tonaufnahmen, die in Gefangenenlagern in der Türkei mit einem alten Phonographen gemacht wurden, und sie erforscht tastend Familienfotos. Ihre Sprache ist knapp und schnörkellos, aber genau dadurch öffnet sie riesige Assoziationsräume, die Luft lassen für tiefe Emotionen, ohne diese mit zu vielen Worten zu zerreden. Auf wunderbare Weise schafft die Autorin "das Unfassbare fassbar, das Abstrakte konkret" werden zu lassen und lässt ein Suchen und Fragen an Geschichte zu, das weit über Armenien hinausführt. Das alles ist großartig und auf wunderbare Weise abstrakt und zugleich konkret und lässt ein Suchen und Fragen zu, das weit über Armenien hinausführt. Ein politisches heutiges Stück der leisen Töne und dadurch sehr lebensnah und präzise." (Jurybegründung Autorentheatertage 2018)
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In ihrem Zweipersonenstück HELIKOPTER-QUARTETT erzählt Simone Kucher das Drama einer jungen Familie, die sich in einer Neubausiedlung niederlässt. In monologischen Passagen berichtet ein Mann von Frau und Kindern und von den Schwierigkeiten, in der neuen Umgebung Fuß zu fassen. Doch etwas stimmt nicht: Seine Erzählungen werden von Hubschraubergeräuschen begleitet, und Kucher stellt ihnen Dialogszenen entgegen, die - retrospektiv und in umgekehrter Reihenfolge - Schlaglichter auf eine Ehe werfen, die zunehmend bestimmt ist von Sprachlosigkeit und unterschwelliger Gewalt. Schließlich stehen Beginn und tödliches Ende der Familie nebeneinander.
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UA: Kreaturen Verbund/Brotfabrik Bühne, Berlin, 7.9.2011. R: Holger Müller-Brandes
1918, als der Film noch in den Kinderschuhen steckt, erscheint mit Pola Negri ein Star auf der Bildfläche: Emanzipiert verkörpert sie Leidenschaft und Erotik. Auf der Höhe ihres Ruhms stirbt ihre große Liebe Rudolph Valentino, sie scheut sich nicht, ihre Trauer im Schweinwerferlicht der Öffentlichkeit zu zeigen und erntet vernichtende Kritik. Der Tonfilm und ein verändertes Frauenbild setzen ihrer Karriere ein jähes Ende, ihr Name wird rasch vergessen. 1935 dreht sie erneut – in Nazi-Deutschland. Als vermeintliche Hitler-Geliebte gebrandmarkt, zieht sie sich endgültig ins Privatleben zurück.
Anhand des einstigen Schauspielstars erzählt IM LICHT – POLA NEGRI von dem Versuch, in einer medialisierten Welt, die nach Austauschbarkeit und Konformität verlangt, die eigene Authentizität zu bewahren. In Simone Kuchers Text begibt sich "die Negri" in die schillernde neue Welt des Films, muss jedoch erleben, dass Bilder, einmal in die Welt gesetzt, schnell zu Ikonen gerinnen, die von ihrer Umwelt schließlich gegen sie gewendet werden.
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3D-2H (auch größer besetzbar)
UA: Theater Regensburg, 30.9.2023. R: Gustav Rueb
Jonas beschließt eines Tages, nicht mehr zu essen. Aus Ekel vor dem Fisch, der gerade noch zappelnd an seiner Angel hing? Wegen der Stimmen, die er mit dem Fisch aus der Tiefe zog? Das Skandalon seiner grundlosen Verweigerung zwingt sein Umfeld zum Handeln. Während die Eltern konfrontiert sind mit Schule, Jugendamt und Konflikten mit der älteren Generation, macht Jonas' Schwester aus ihm einen Märtyrer der "hungry young man generation". Mehr und mehr Heranwachsende schließen sich weltweit der vermeintlich politischen Protestbewegung an, bis diese gewaltsame Formen annimmt. Zugleich mutiert Simone Kuchers Stück auch formal, weitet sich um Video- und Stimmcollagen, kulturhistorische Ausblicke und surreale Szenen.
NACH DEM ESSEN ist ein durchkomponierter, bildstarker Text, der Fragen nach Grenzen und Möglichkeiten unseres Handelns, nach dem Verhältnis von Natur und Kultur, nach Verantwortung aufwirft.
3D-2H (auch größer besetzbar)
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UA: Schauspielhaus Bochum/Festival Ohne Alles, 17.5.2007.
Das Kurzstück SCHRITTE ist eine Momentaufnahme in zwei Stimmen. Ein Mann in Odessa läuft die Treppen zu seiner Wohnung hoch und trifft im Laufen eine wichtige Entscheidung. Diese Szene wird geschnitten mit dem Blick einer fremden Frau auf ihn, ein paar Stunden vorher im Hotelzimmer. Rhythmisch wechseln einander die Schnelligkeit des Laufens mit der Langsamkeit der Beobachtung ab.
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2D-2H (auch größer besetzbar)
UA: Armes Theater Wien, 29.10.2009. R: Erhard Pauer
SILENT SONG legt Simone Kucher die Idee eines Requiems zugrunde: entstanden ist eine "Trauer-Komposition", die nach einem Bombenanschlag hinter die Oberfläche von politischen Bekennerschreiben und Medienberichten blickt. Zu Wort kommen die Übriggebliebenen, die sich jeder Statistik und medialer Berichterstattung entziehen: Überlebende und Hinterbliebene, die ihre Stimmen erst wieder finden müssen. Indem sie sie ineinander montiert, teils zu Chören zusammenführt, teils nebeneinander stellt, verdichtet Simone Kucher diese Stimmen zu einer virtuosen sprachlichen Partitur, die – jenseits aller Psychologisierung – Trauer als kollektiven Prozess erfahrbar zu machen versucht.
2D-2H (auch größer besetzbar)
1D-1H
UA: Schauspielhaus Bochum/Festival Ohne Alles 3, 26.6.2010.
Eine Kugel rollt, ein Mann steht hinter der Tür und eine Frau auf der Bühne. Ein Kurzstück, entstanden für das Schauspielhaus Bochum.
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Nach dem Essen
R: Claudia Johanna Leist
Produktion: WDR 2020
Erstsendung: 31.10.2020
Playgrounds
Produktion: WDR 2019
Erstsendung: 08.07.2019
Von einem zum anderen Tag
Produktion: WDR 2017
Erstsendung: 13.07.2017
DER STIMME IHREN ORT ZURÜCK
Produktion: WDR 2015
Erstsendung: 28.03.2015
Roman
Kjona Verlag 2024
Elisabeth – genannt Liz – wird Anfang der Fünfzigerjahre in einem kleinen Dorf in Süddeutschland geboren. Wie alle Frauen hier arbeitet auch sie schon als Jugendliche tagsüber in der Batteriefabrik. Wie niemand sonst ist sie das Kind von Geflüchteten, die nach Kriegsende als Deutsche aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben wurden. Während ihre Mutter Nevenka sich immer mehr in ihre Erinnerungen an die alte Heimat zurückzieht – an die widerspenstig schöne Natur von damals, das eiskalte Wasser der Thaya und an eine schicksalhafte, zärtliche Freundschaft –, richtet Liz ihren Blick nach vorn. Aber wie schafft eine junge Frau den Aufstieg, wenn sie vollkommen auf sich allein gestellt ist? Noch dazu mit einer Last aus der Vergangenheit im Gepäck, von der ihre Mutter ihr nie gewagt hat zu erzählen.

Mit feiner Poesie und großer emotionaler Ehrlichkeit erzählt Simone Kucher die bewegte Geschichte zweier Frauen, die typisch war für die deutsche Nachkriegszeit und von der wir doch wenig wissen.

Die lichten Sommer

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Simone Kucher liest aus
Die lichten Sommer
19:00 Uhr | München / Buchpalast