Kevin Rittberger

geboren 1977 in Stuttgart, lebt in Berlin. Nach dem Studium der Neueren Deutschen Literatur, Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Freien Universität Berlin, folgten ab 2004 Arbeiten als Autor und Regisseur u.a. am Staatstheater Stuttgart, Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, Deutschen Theater Berlin, Schauspielhaus Wien und Schauspiel Frankfurt.

Auszeichnungen (Auswahl):

2010 Kurt-Hübner-Regiepreis
2011 Nominierung für den Mülheimer Dramatikerpreis
2012 JÜRGEN BANSEMER & UTE NYSSEN DRAMATIKER PREIS

Stipendien:

2008 Kunststiftung Baden-Württemberg
2009 Deutscher Literaturfonds
2009 Hans-Gratzer-Stipendium


Werke

Zusammen mit Penda Diouf
2D-2H (+ Chor)
Inmitten der Rheinlandbesetzung von 1923 verliert ein Sekretär seinen Job. Eine Sekretärin nimmt seine Arbeit auf. Nun blicken beide einem Kolonialsoldaten in Diensten der Französischen Besatzungsarmee ins Auge. "Die alte Welt liegt im Sterben, die neue ist noch nicht geboren: Diese Dämmerung ist die Zeit der Monster." (Antonio Gramsci)
Im vielschichtigen Stück von Penda Diouf und Kevin Rittberger sprechen fünf Figuren aus Vergangenheit und Gegenwart, Europa und Afrika. Kevin Rittberger hatte hierfür im Rahmen der Autoren[theater]tage 2020 bereits einen Anfang vorgestellt. Die französische Autorin Penda Diouf hat den Vorschlag aufgegriffen und den Text überschrieben, weitergeschrieben, um ihre Perspektive erweitert. Ein gemeinsamer Text über eine gemeinsame Geschichte aus unterschiedlicher Perspektive, entstanden in einem ungewöhnlichen Schreibprozess gegenseitiger Befragung.
2D-2H (+ Chor)
2D-3H (+ 1 Tänzer/in - 1 Musiker/in)
UA: Düsseldorfer Schauspielhaus, 1.3.2013. R: Kevin Rittberger
Am Ende seines Kurzromans "Candide" versammelt Voltaire seine Hauptfiguren als gestrandete Gestalten auf einem Bauernhof am Bosporus. Hinter ihnen liegt eine Odyssee durch die globalen Katastrophen des 18. Jahrhunderts. Und vor ihnen? Mit einem lapidaren "Wir müssen den Garten bestellen" lässt Voltaire seinen Helden den Roman beschließen und damit alle Fragen offen. In seiner Auseinandersetzung mit "Candide" setzt Kevin Rittberger bei diesen letzten Zeilen an und nimmt Voltaires vage Aufforderung zu einem Neuanfang ernst. Sein Stück untersucht in sechs Sequenzen Möglichkeiten, der Resignation zu entgehen und mit den Mitteln des Theaters, des Tanzes, der Kunst und der Musik gemeinsame Handlungsoptionen zu finden.
2D-3H (+ 1 Tänzer/in - 1 Musiker/in)
4D-4H (Besetzung ad libitum)
UA: Bayerisches Staatsschauspiel, München, 9.12.2022, R: Nora Schlocker
Nach der Finanzkrise ab 2007 wurde schon einmal das Ende des Eigentums verkündet. Gekommen ist es nicht, wohl aber die nächste Krise und die übernächste. Doch es wächst das Bewusstsein, dass sich etwas ändern muss. Und so finden sich tatsächlich auch Typen, die alles verschenken und dabei ihre Nächsten durchaus vor den Kopf stoßen. „Und, nein, das ist kein schlechtes Wetter, das ist das Klima.» Kevin Rittberger
Im Deutschen hat das Wort „Syndikat“ auch einen kriminellen Beiklang, denn man denkt an Drogen- und Firmenkartelle. In Spanien oder Frankreich hingegen heißt Syndikat einfach „Gewerkschaft“. Der titelgebende Entrepreneur will aus seiner Traditionsfirma ein Syndikat im besten Sinne machen: Ein Unternehmen, das allen Mitarbeitenden zu gleichen Teilen gehört und Hierarchien weitestgehend abschafft. Trotzdem schrillen überall die Alarmglocken: Zuallererst bei seiner Ex-Frau und seiner Tochter, die mit dem Erbe gerechnet hat und damit hadert, von ihrem Vater zum Downgrade ihres Lebensstandards gezwungen zu werden. Aber auch in der Belegschaft löst die Entscheidung Unverständnis aus: Nicht alle begrüßen das Neue. Derweil arbeitet der frühere Chef nun, zumindest stundenweise, für das Gemeinwohl und gegen das Waldsterben und kuriert seine Burnouts aus. Wenn er nur nicht immer rechtfertigen müsste, warum ihn plötzlich Bäume mehr interessieren als Profit. Wird diese Ausnahme gar zur Regel? 

"Schlagfertig und vergnüglich zeigt Kevin Rittberger in seinem Stück, warum in der bestehenden Wirtschaftsordnung die Klimaziele nicht erreicht werden können, dass Arbeit ihren Zweck verfehlt, wenn sie krank macht und dass das Modell der Blutsverwandtschaft überholt ist." (Bayerisches Staatsschauspiel)
4D-4H (Besetzung ad libitum)
1D-2H (auch größer besetzbar)
UA: Deutsches Schauspielhaus Hamburg, 09.11.2008. R: Kevin Rittberger
Was hat eine 500 Jahre alte Kunqu-Oper auf einer Kulturindustriemesse verloren – vor allem, wenn die 19-stündige Originalfassung auf fünf Minuten gekürzt werden soll. Politisch betrachtet handelt Kevin Rittbergers Stück von der Dynamik und Ungleichzeitigkeit der Globalisierung – theatralisch gesehen ist es eine sehr temporeiche Szenenfolge, die in China spielt, zwischen Kunqu-Darstellern, kanadischen Managern und chinesischen "Dreifachmädchen" – kühn, klug, witzig gedacht und geschrieben.
1D-2H (auch größer besetzbar)
2D-1H
UA: Theater Osnabrück, 6.9.2019. R: Rieke Süßkow
Die Liebe in Zeiten der Algorithmen. Was ist nochmal so großartig daran, einen Menschen zu lieben, der eigene Ansichten, Pläne und Ansprüche hat? Und könnten künstliche Intelligenzen, wenn sie lange auf uns geprägt wurden, nicht zärtliche Gefühle auslösen, sobald wir uns in ihnen wiedererkennen?
Vielleicht sind Roboter und Cyborgs ja einfach die besseren Partner, kommunikativ und überhaupt in jeder Hinsicht; freundlich, hingebungsvoll, kompetent. IKI, eine 'Intime Künstliche Intelligenz', und Peter sind ein Paar geworden. Ist das nun die Zukunft der Menschheit oder ein großes Missverständnis? Peter zumindest gefällt es, er gibt sich als liebesbedürftiger Abenteurer und heldenhafter Ex-Revolutionär. Und IKI? Wird sie die Traumfigur, die allen Erwartungen klaglos entspricht, oder entwickelt sie sich zum eigentlichen Radikalmenschen, weil Langmut und Gehorsam ihr schlicht abhanden gekommen sind? Ist eigentlich ein Wesen wie IKI sterblich oder eher Elektroschrott? Und wer gibt Garantien auf die Liebe?
Kevin Rittberger, einer der wütenden Autoren des Gegenwartstheaters, deckt mit scharfem Humor auf, welche Selbst- und Menschenbilder, welche Glücksvorstellungen und Geschlechterverhältnisse dem neuen 'Radikalmenschen' zugrunde liegen. (Ankündigung Theater Osnabrück)
2D-1H
Besetzung ad libitum
UA: Residenztheater München, 19.12.2019. R: Peter Kastenmüller
Zehn Jahre nach der Uraufführung hat Kevin Rittberger sein "Flüchtlingsdrama" für eine Neuinszenierung am Bayerischen Staatsschauspiel unter der Leitung von Andreas Beck überarbeitet:

An Spaniens Küsten spielt sich ein alltägliches Drama ab: Halb verdurstete Flüchtlinge aus Afrika stranden in völlig überladenen Booten, in der Hoffnung, in Europa ein würdevolles Leben führen zu können. Viele haben eine jahrelange Odyssee hinter sich, nur um gleich wieder zurückgeschickt zu werden. Dabei haben sie noch Glück gehabt, denn sie leben noch. Die Zahl der Namenlosen, die unterwegs qualvoll sterben, kennt niemand. Davon handelt KASSANDRA ODER DIE WELT ALS ENDE DER VORSTELLUNG. Und zugleich handelt das Stück von der Schwierigkeit, diesem Thema als Europäer gerecht zu werden. Wie schreibt man darüber, wie berichtet man? Was weiß man überhaupt? Und was will man wissen? Kevin Rittberger sucht in seinem Stück die Antwort im Wechsel von Perspektiven und Erzählformen: Es gibt ein Brecht’sches Lehrstück über die bewegenden Umstände einer Flucht, verbürgte Interviews und fiktive Verhöre; und es gibt die Geschichte zweier Journalisten und einer Übersetzerin, die im Ringen um einen "neuen Blick" an ihre eigenen äußersten Grenzen gehen.
Besetzung ad libitum
Besetzung ad libitum
UA: Bayerisches Staatsschauspiel, 19.12.2019. R: Peter Kastenmüller.
Kassandra, die Königstochter, deren Warnungen, den Untergang Trojas aufzuhalten, ungehört blieben, und Prometheus, der Gott, der den Menschen das Feuer brachte und damit Zeus’ Strafe auf sich zog, sind in Rittbergers Doppelstück die Sehenden in der aktuellen Flüchtlingstragödie. In "Kassandra" erleben wir die humanitäre Katastrophe aus menschlicher Perspektive, in "Prometheus" geht die menschliche Ordnung in eine göttliche über – und in Poesie, als dramatisches Gedicht in der literarischen Tradition von Peter Handke und Heiner Müller. Als "Kassandra oder Die Welt als Ende der Vorstellung" 2010 am Schauspielhaus Wien uraufgeführt wurde, erzählte das Stück von einer Tragödie, die gerade erst dabei war, sich ins europäische Bewusstsein zu schieben. Inzwischen sind die Nachrichten von den Ertrinkenden im Mittelmeer ein tägliches Thema, die Geflüchteten Teil des deutschen Alltags – und trotzdem ist keine Lösung dieser humanitären Krise in Sicht. Rittberger hat sein Stück ein knappes Jahrzehnt später überarbeitet, aktualisiert und um einen zweiten Teil ergänzt.

"Alles rückt in die Ferne, es geht um das Wesentliche: Welche Luft die da unten noch atmen wollen, welche Kriege sie nicht mehr führen, wie sie ihren globalen Garten gemeinsam bestellen. Den Kassandrarufen der Gegenwart zu widerstehen, bedeutet, die Energie aufzubringen, den Menschen noch nicht abzuschreiben und dieser Spezies eine Achtsamkeit für das Große und Ganze zuzutrauen." (Kevin Rittberger)
Besetzung ad libitum
1D-3H (auch größer besetzbar)
UA: Schauspiel Frankfurt, 1.2.2013. R: Samuel Weiss
Ein geheimnisvoller Falke zieht am Himmel seine Kreise. Seine wachsamen Augen sind auf die Erde gerichtet, auf ein zerfallendes Europa, auf nordafrikanische Diamantenjäger, auf fliegende Tiger, rollende Füchse und Leoparden, die deutschen Exportschlager der Rüstungsindustrie. Und auf eine kleine Reisegruppe, die sich auf den abenteuerlichen Weg in die Wüste macht. Aber wer ist der Jäger, wer der Gejagte? Das Bestiarium führt durch einen globalen Zoo der Kampfmaschinen, durch eine Welt, in der durch die Jagd die maßlose Gier und Dekadenz des Menschen offenbart werden.
1D-3H (auch größer besetzbar)
2D-3H (auch größer besetzbar)
UA: Ruhrfestspiele Recklinghausen/Schauspiel Frankfurt, 26.5.2012/2.6.2012. R: Kevin Rittberger
Teil I: Hier und heute. Das Model, der Fotograf und die Assistentin wollen "on location" Robert Capras berühmtes (als gestellt entlarvtes) Foto vom "Fallenden Soldaten" nachstellen und landen in einer Bananenplantage. Die Uneigentlichkeit ist auf die Spitze getrieben in dieser slapstickartigen Szene; nicht der Politik, der Werbung gelten die Kampagnen unserer Zeit. Zur Besinnung kommen die drei erst, als sie sich vor einem Insektizidnebel blind, taub und sprachlos auf die Palmen flüchten. Gleichzeitig: Ein Steinalter Mann, der Losglück verkauft, räsoniert auf der Suche nach dem echten Glück über Revolution, Neuanfang und die ideale Lebensform. Aber: wer würde uns "auf Null setzen?" und würden wir "das wollen?"
Teil II: Ein anderer Planet. Vergangenheit oder Zukunft. Der Steinalte Mann landet als staunender Reisender in einer vollendeten kommunistischen Gesellschaft à la William Morris. Ist das das Glück?
Teil III: Sommer 2011, Tunesien im Aufbruch, im Umbruch. Ein Tagebuch beschreibt die Suche nach dem Keim der "neuen Zeit". Wie ist Demokratie möglich?
2D-3H (auch größer besetzbar)
Besetzung ad libitum
UA: Sun Son Theatre Taipei/Taipei Arts Festival, 15.8.2014 (Wellspring Theater). R: Kevin Rittberger
The performance contains nudity and acts of violence and explosion. Parental discretion is advised – diese Warnung stellt das Taipei Arts Festival den Aufführungen von Kevin Rittbergers Stück MULIAN RESCUES MOTHER EARTH voran, das der Autor für das Sun Son Theatre geschrieben und inszeniert hat. Premiere war am 15.8.2014 im Wellspring Theater in Taipeh. In seinem Zukunftsmärchen nach einem alten buddhistischen Stoff fragt Rittberger nach den politischen und gesellschaftlichen Werten in einer veränderten Welt: Die Menschen leben in kleinen autarken Einheiten, die global vernetzt sind, alle Heilmittel für moderne Zivilationskrankheiten kennen und wissen, wie man burn-out, Überproduktion, Ungleichheit und Umweltverschmutzung begegnet. Mulian lebt in einer Gemeinschaft aus 30 Mitgliedern, im allabendlichen Schattentheater wird Mulians Heldengschichte der Rettung seiner Mutter, bei Rittberger metaphorisch: Mutter Erde, gespielt, doch das Spiel im Spiel wird für Mulian Realität und die Frage ist: Kann die neue Gemeinschaft damit umgehen? Wie geht sie überhaupt um mit Sonderlingen und Abweichlern?
Besetzung ad libitum
Drei Stücke
Kevin Rittberger ist eine neue Stimme der zeitgenössischen deutschen Dramatik. In seinen Stücken geht es um nichts Geringes: die Krise der Globalisierung, das Schicksal der Afrika-Flüchtlinge, um Frauen am Fleischerhaken und die Wahrheit vom Freud’schen Leid. Auf der Basis gründlicher Recherche vereint Rittberger den Diskurs und das Drama, den Trash und die Tragödie, für den Zuschauer genauso interessant wie für den Leser.
PUPPEN ist nicht nur der kürzeste Titel der drei in diesem Band versammelten Stücke, es ist auch das kürzeste Stück: ein dramatisches Rätsel über das Leben als »ein Bündel Schnittlauch«. Es treten auf: der Klandestino und die Frisörin, der Fleischer und die Frau, »die vom Schwindel befallen wird«, der Puppenspieler und die »Frau, die vollständig von der Sonne verbrannt ist«.
Was hat eine 500 Jahre alte chinesische Kunqu-Oper auf einer Kreativindustriemesse verloren – vor allem, wenn die 19stündige Originalfassung auf fünf Minuten gekürzt werden soll? Die Frage umkreist Kevin Rittberger in seinem Stück FAST TRACKING ODER DER TOD DER KUNQU-OPER. Eine temporeiche Szenenfolge über die Dynamik und Ungleichzeitigkeit der Globalisierung, die in China spielt, zwischen Kunqu-Darstellern, kanadischen Managern und chinesischen »Dreifachmädchen«.
An Spaniens Küsten spielt sich ein alltägliches Drama ab: Halb verdurstete Flüchtlinge aus Afrika stranden in völlig überladenen Booten, in der Hoffnung, in Europa ein würdevolles Leben führen zu können. Viele haben eine jahrelange Odyssee hinter sich, nur um gleich wieder zurückgeschickt zu werden. Dabei haben sie noch Glück gehabt, denn sie leben noch. Die Zahl der Namenlosen, die unterwegs qualvoll sterben, kennt niemand. Davon handelt KASSANDRA ODER DIE WELT ALS ENDE DER VORSTELLUNG. Und zugleich handelt das Stück von der Schwierigkeit, diesem Thema als Europäer gerecht zu werden. Wie schreibt man darüber, wie berichtet man? Was weiß man überhaupt? Und was will man wissen? Kevin Rittberger sucht in seinem Stück die Antwort im Wechsel von Perspektiven und Erzählformen: Es gibt ein Brecht’sches Lehrstück über die bewegenden Umstände einer Flucht, verbürgte Interviews und fiktive Verhöre; und es gibt die Geschichte zweier Journalisten und einer Übersetzerin, die im Ringen um einen »neuen Blick« an ihre eigenen äußersten Grenzen gehen.

180 Seiten. broschiert. 16€
ISBN: 978-3-88661-336-6

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IKI.radikalmensch
R: Lukas Holzhausen