Lew Tolstoi

geboren 1828 in Jasnaja Poljana als Sohn einer der größten und ruhmreichsten russischen Adelsfamilien. Nach dem frühen Tod der Eltern wächst er in Moskau auf und studiert an der Universität Kasan. Von 1851 bis 1855 geht er zur Armee. Gleichzeitig veröffentlicht er seine ersten literarischen Arbeiten. Als er Reportagen über die Feldzüge, an denen er beteiligt ist, für Magazine schreibt, werden neben Kollegen auch Institutionen auf ihn aufmerksam. Von 1856 bis 1861 wird er aus der Armee entlassen und in die literarischen Kreise Moskaus eingeladen, gerät dort allerdings mit den westlich orientierten Autoren um Turgenev aneinander. Im selben Zeitraum versucht er, in Jasnaja Poljana eine neue freiere Schulform zu etablieren, scheitert... allerdings mit diesem Vorhaben. 1862 heiratet er Sonja Andreyevna Behrs und zieht sich mit ihr nach Jasnaja Poljana zurück. 1868 erscheint "Krieg und Frieden" und wird ein großer Erfolg. Um 1881 wendet Tolstoj sich moralischen und religiösen Fragen zu, angesichts der durch Missernten wachsenden Armut der Bauern. Als er seine Ansichten veröffentlicht, erregt er die Missbilligung des Staates sowie der Kirche. 1901 wird er exkommuniziert. Tolstojs Morallehre, seine Ansichten zur Gleichheit der Menschen und Abkehr von bisher herrschenden religiösen Dogmen führen dazu, dass sich von 1882 bis 1905 viele Russen um ihn scharen. Nach der blutig niedergeschlagenen Revolution von 1905 wird ihm eine Mitschuld zugesprochen, da viele seiner Anhänger an den Unruhen beteiligt waren. Dadurch verschärft sich auch der bestehende Konflikt mit seiner Frau Sonja, die seine politischen Vorstellungen nicht teilt. 1908 erfolgt eine Hausdurchsuchung, bei der alle schriftlichen Dokumente konfisziert werden. Schwerkrank flieht Tolstoj aus dem Haus seiner Familie, zusammen mit seiner Tochter und seinem Arzt. Auf der Reise nach Süden stirbt er 1910 in einem Bahnwärterhäuschen in Astapowo.


Werke

Deutsch von Andrea Clemen
12D-10H
UA der Übersetzung: Düsseldorfer Schauspielhaus, 15.11.1975. R: Jörg Utzerath
Der Knecht Nikita verstrickt sich in eine Liebesaffäre mit Anisja, der Frau seines Herrn, und heiratet sie, nachdem sie ihren Mann vergiftet hat. Die frühere Geliebte Akulina verleugnet er zugunsten der besseren Partie. Sein Liebesverhältnis mit ihr kommt erst nach der Hochzeit mit Anisja ans Licht. Nikita tötet ihr gemeinsames Kind, damit er seine Geliebte heiraten kann. Am Ende erkennt er seine Schuld und gesteht alles.

"Die moderne realistische Kunst hat nichts Besseres und, trotzdem wir überall in Nacht blicken, nichts heilig Leuchtenderes aufzuweisen als dieses Stück. Wer über realistische Kunst und ihre Berechtigung oder Nichtberechtigung mitsprechen will, der darf ihre Art nicht an ihren Entartungen demonstrieren, an ein Stück wie dieses muss er herantreten, und dann wollen wir sehen, was er dagegen sagen kann." (Theodor Fontane, 1890)
12D-10H
Zusammen mit Sonja Tolstoj
Deutsch von Andrea Clemen
1D-1H
Er kämpft für die Gleichheit aller, sie kämpft für ihre Liebe und die gemeinsamen Kinder. Sie möchte das Leben genießen, während er den völligen Verzicht auf Besitz fordert. Er will das Volk retten, und sie möchte von ihm gerettet werden. Andrea Clemen hat sich an Tagebucheinträgen und Briefen orientiert, um die 48 Jahre dauernde Ehe zwischen Sonja und Lev Tolstoj in ein Theaterstück zu fassen, das die durch unüberbrückbare Unterschiede hervorgerufenen Konflikte der anfänglich noch Glücklichen zeigt. Während all dieser Konflikte sprechen Lew und Sonja kaum miteinander, sondern vor allem übereinander – und meistens aneinander vorbei.
1D-1H
in einer Fassung von Malte Kreutzfeldt
4D-6H (+ 1 Kind)
UA: Mainfranken Theater Würzburg, 11.4.2015. R: Malte Kreutzfeldt
Für seine Inszenierung am Mainfranken Theater Würzburg hat Malte Kreutzfeldt eine eigene Bühnenfassung von Tolstois großem 1.500-Seiten-Roman erstellt und dabei die Handlung auf die drei jungen Figuren – Pierre, seinen Freund Andrej und die Frau zwischen ihnen, Natascha – konzentriert.

"Malte Kreutzfeldt hat aus Tolstois zur Zeit der Napoleonischen Kriege spielendem Epos eine Theaterfassung destilliert, in der die weitverzweigte Handlung zum größten Teil auf die drei Youngster und die Frage nach deren Platz im Leben zugeschnitten ist. ... Der Theaterbetrieb ist ein gefräßiges Tier. In den letzten Jahren hat es sich so gut wie jeden Roman des literarischen Kanons einverleibt. 'Krieg und Frieden' gehörte, von wenigen Ausnahmen abgesehen, bislang nicht dazu. Die Adaption von Kreutzfeldt 'nach Motiven von Tolstoi' könnte dies ändern. Sie hangelt sich nicht am Plot entlang, sondern legt den Kern des Mammutwerkes frei: Der Mensch im Räderwerk der Geschichte." (Florian Welle, Süddeutsche Zeitung)
4D-6H (+ 1 Kind)

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