© Alexander Paul Englert

Klaus Hoggenmüller

geboren 1954 in Waldshut. Studium der Germanistik und Geschichte an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg. Seit 1981 Realschullehrer in Freiburg. Schreibt seit 1987 Theaterstücke.
Mit den Stücken SACK UND ASCHE (1988) und WENDELS HEIMAT (1991) ist Klaus Hoggenmüller bekannt geworden: beide gelten als beispielhaft für das Volkstheater der dritten Generation. Mittlerweile beschäftigt sich der Autor, ehemalige Realschullehrer und heutige Dozent an der Pädagogischen Hochschule Freiburg mit der vielschichtigen Lebenswelt junger Erwachsener, die er in seinen jüngsten Theaterstücken SO NAH UND DOCH SO FERN und ROTHAUS sowohl im Thema als auch in der bewussten Uneinheitlichkeit der Form spiegelt.

Auszeichnungen (Auswahl):

1992 Reinhold-Schneider-Förderpreis der Stadt Freiburg
1989 Zweiter Preis des Bundes der Theatergemeinden
1987 Erster Preis beim Wettbewerb für Volkstheaterstücke des Landes Baden-Württemberg


Werke

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Ein Stück über die Rechtschreibreform. Sie sollte das Jahrhundertwerk werden und wird nun zum Drama. Protagonist ist Dr. Rudolf Deutsch, Oberstudiendirektor im Ruhestand. Er ist unterwegs, um die nötigen Stimmen für einen Volksentscheid zusammenzubekommen. Letzte Station ist der abgelegene Ort Rüßkirch, in dessen Gasthaus Kaiserhof am Abend eine Versammlung stattfinden soll. Der Gymnasialdirektor besetzt nun den Festsaal des Kaiserhofs wie einst ein bekannter Theatermacher den Gasthof in Utzbach, und der Wirt wird zum Adressaten aller Argumente nicht nur gegen die Rechtschreibreform, sondern auch zu In- und Ausländern, Parteien und Pädagogen, zur nationalen Befindlichkeit. Assistiert wird ihm von Ina Heim, einer Studienrätin, die ihren Schuldienst zugunsten der Pflege des Witwers Deutsch aufgab und dabei zu seiner Ersatzfrau geworden ist. Aber schließlich kommt alles ganz anders, als von Dr. Deutsch geplant.
Ein böses und witziges Stück, gar hochkarätiges Kabarett.
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UA: erstes unordentliches ZimmerTheater Osnabrück, 27.11.1999. R: Jochen Ohliger
Eine Geschichte vom sogenannten Rand der Gesellschaft: Mickler lebt im 18. Stock eines Hochhauses. Von dort blickt er auf ein verwahrlostes Gelände, auf dem in einem Bauwagen zwei junge Männer hausen. Als Micklers drogenabhängige Tochter Tati bei ihnen Unterschlupf findet, versucht er, sie mit Gewalt zurückzuholen. Doch Tatis brüchige Idylle wird nicht nur vom Vater bedroht, sondern auch von einem skrupellosen Bauspekulanten, der die ganze Gegend und auch Micklers eigenen Schrebergarten mit Betonsiedlungen überziehen will. Das Geschehen eskaliert, doch alle Gegenwehr ist umsonst, und am Ende rücken die Bagger an.
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Da fährt einer auf der Autobahn seinen Wagen zu Schrott, hinter Mailand, und während der Sterbende auf den Rettungswagen wartet, versetzt ihn der Autor in die heimatliche Wohnung, inmitten die bruchstückhaften Requisiten seiner Existenz. Da sitzt er in seinem Autositz mitten im Zimmer, die Ehefrau hat schon das kalte Buffett für die Trauergäste hergerichtet - und wie in einem zeit- und ortsverrückten Kaleidoskop durchmisst der Mann die Stationen und Momente seines Lebens: die Sterbeminute ist das Theaterstück.
Denn dieser Mann, Arno, ist auch ein Theatermann, ein Regisseur an einem deutschen Stadttheater, und wie einmal 6 Personen nach einem Autor suchten, so sucht dieser Theatermann nach seiner Rolle in der Wirklichkeit. Dabei war er im Leben schon fixiert auf den Tod: Seine Inszenierung des "Totentanz" war ein großer Erfolg, wurde nach Berlin eingeladen, wo die Aufführung abgesagt werden musste, weil eine Schauspielerin "unkonventioneller Art" einfach verschwunden ist. Auf der vergeblichen Suche nach ihr hat ihn diese Madame de la mort auf die Tangentiale hinter Mailand geführt, von wo er zurückkehrt nach Hause, in seine Vorhölle, um noch einmal den ehelichen Totentanz zu erleben, die auseinanderfallende Ehe mit Chris, den fremd gewordenen Sohn Paul, der sich hinter dem alten Kanal sucht, was er von den Eltern nicht bekommen hat...
Hoggenmüller Spiel mit dem Tod ist eines, wie es nur auf dem Theater möglich ist: in ironischen Brechungen und das eigene Medium reflektierend, oft auch komisch bis zur kabarettistischen Pointe spielt Hoggenmüller mit der Theatermetapher, die auch zu der des Todes wird. Im Spiel.
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UA: Städtische Bühnen Freiburg, 19.3.1994. R: Kai Braak
Die Handlung spielt zwischen Schnellstraße und Hochmoor im Schwarzwald. Dorthin kehrt Reno zurück, der in der Stadt nicht Fuß fassen konnte. Hier wuchs er, das Findelkind, auf, hier will er seine Mutter suchen. Aber er begegnet nur seiner alten Ziehmutter, die ihn mit Gewalt an sich binden will, und begegnet im Imbiss an der Schnellstraße Mona, die dort bedient und in ihrer Freizeit auf den Strich geht. Der Imbiss gehört Meisel, der ihn immer weiter rationalisiert, Automaten aufstellt, Mona damit immer mehr auf den Strich abdrängt und gleichzeitig sich als ihr Zuhälter aufspielt. Dort trifft Reno auch seinen alten Schulkameraden Bilger, der schon in der Schule immer das Schlusslicht war und jetzt bei der Straßenreinigung arbeitet. Und im Moor lebt immer noch der alte Leonhardt, ein Sonderling, der ihn als Kind mit seiner geheimnisvollen Kugel aus Mondenquarz und seinen Geschichten in den Bann zog. Zu ihm flüchtet Reno nach einem Gewalt- und Wutausbruch, als er auf seiner Suche nach der Mutter auf scheinbar undurchdringliche Mauern und ein Gespinst von Halbwahrheiten stößt. Seine Mutter scheint eine Figur aus dem schillernden Gals der Kugel zu sein, in der sich wie in einem Brennglas Raum und Realität brechen.
Die Handlung bezieht ihre Spannung aus dem Gegensatz der Heil- und Heimatlosigkeit der Figuren und den Märchen und Naturmythen des Schwarzwaldes, die von einer vergangenen Einheit von Natur und Menschen erzählen. Der poetische Realismus von MONDENQUARZ erinnert an Else Lasker-Schülers "Wupper". Hoggenmüllers Reno gehört zu der Familie der Baals und Roberto Zuccos.
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4D-4H (auch größer besetzbar)
Endlich auf eigenen Beinen stehen: Im Mittelpunkt von ROTHAUS steht eine Gruppe Studienanfänger um den Jungstudenten Martini: Wie seine Kommilitonen durchläuft er die Stationen des neuen Uni-Alltags, von der Seminar-Anmeldung bis hin zur Zimmersuche, von WG-Parties bis zum Boykott der Studiengebühren. Doch unter dieser Oberfläche brechen sich Verwirrung und Verliebtsein, Eifersucht und Enttäuschung, Angst und Hilflosigkeit Bahn. Die verborgenen Schichten und Geschichten der einzelnen Figuren werden erkennbar. An den Studenten kristallisiert sich ein intensives Gefühl der Verunsicherung und Orientierungslosigkeit – ein Suchen, Finden und sich wieder Verlieren, das nur mit der einen oder anderen Flasche Rothaus durchlebt werden kann.
Mal gnadenlos realistisch, mal in Traumsequenzen komponiert Hoggenmüller kollageartig aus unterschiedlichen Textformen und Sprachstilen ein genau beobachtetes Kaleidoskop studentischen Lebens.
4D-4H (auch größer besetzbar)
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UA: Stadttheater Konstanz, 9.12.1988. R: Hanspeter Bader
Die Grundsituation in SACK UND ASCHE ist zunächst die des Bilanzierens: die Geschichte der Schwarzwälder Fabrikarbeiterin Mirta Reimann, die um 1910 geboren wurde. Sie erzählt aus ihrem Leben in der dreißiger und vierziger Jahren. Auf einer zweiten Ebene werden Menschen der Vergangenheit gezeigt, die das Leben der Mirta Reimann bestimmten und noch bestimmen. Die Erinnerung an sie treibt die inzwischen alte Frau um. Das schon immer Dagewesene, vielleicht Verdrängte wird für den Zuschauer bewusst, öffnet sich. Die Vergangenheit holt Mirta Reimann ein, quält sie, treibt sich in Handlungen, die in ihrem erzählten Leben so nicht stattgefunden habe.
Für SACK UND ASCHE wurde Klaus Hoggenmüller mit dem ersten Preis des Landeswettbewerbs für Volkstheaterstücke in Baden-Württemberg 1987 ausgezeichnet.
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Besetzung ad libitum
UA: Maxim Gorki Theater, Berlin, 31.5.2007. R: Felicitas Brucker
Eine Schülerin verschwindet samt ihrer Katze, Klassenfahrt, ein Gitarrensolo, ein Schüler stirbt, ein Spitfire, ein Literaturprofessor arbeitet an der Darstellung der Ozeanriesen in der Literatur, Verletzung der Aufsichtspflicht, ein Schüler spielt Gitarre, eine Kollegin hat ein Techtelmechtel mit dem Rektor, ein Schüler stirbt, Klassenfahrt.
In seinem neuen Stück erzählt der Freiburger Autor eindrücklich von den täglichen Qualen eines Lehrers, der dem Schulalltag nicht gewachsen ist. Die Schüler und das Lehrerkollegium zusammen bilden einen großen ihn bedrängenden Chor. Seine Ängste steigern sich zu Alpträumen, beherrschen zunehmend auch seine Realität, die in Bruchstücke zerfällt und in kaleidoskopartigen Mustern rotiert.
Besetzung ad libitum
7D-9H
UA: Stadttheater Konstanz, 30.1.1991. R: Barbara und Jürgen Esser
Eine Kleinstadt irgendwo in Süddeutschland: Weil er gern Frauenkleider trägt, wurde Wendel im Dritten Reich angeschwärzt und in eine Anstalt eingeliefert. In den 60er Jahren kehrt er in seine Heimat zurück. Aus den Denunzianten von damals sind inzwischen Honoratioren geworden, und Wendel wird zum Ärgernis für alle, die lieber vergessen wollen. Als auf dem Gelände eines ehemaligen Nazi-Lagers eine Mülldeponie errichtet wird, beginnt Wendel, auf dem Bauplatz herumzustochern... Auch für Freilichttheater geeignet.
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so nah und doch so fern
Produktion: DLR 2009
Erstsendung: 01.07.2009
37 Min.
HASENTÖTER
Produktion: NDR 1997
Erstsendung: 06.06.1997
60 Min.
MONDENQUARZ
Produktion: SWF 1992
Erstsendung: 22.10.1992
60 Min.
WENDELS HEIMAT
Produktion: SWF 1991
Erstsendung: 01.12.1991
47 Min.

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