Gerda Scheffel

geboren 1926 in Leipzig. Nach dem Abitur zunächst von 1945 - 1946 Ausbildung zur Buchhändlerin in Leipzig, 1956 folgt das Staatliche Dolmetscherexamen (Fachgebiet Französisches Theater im 20. Jahrhundert). Sie war dramaturgische Beraterin bei Marivaux-Inszenierungen. Gerda Scheffel starb 2022 im Alter von 95 Jahren in Frankfurt am Main.

Auszeichnungen (Auswahl):

1979 Johann-Heinrich-Voß-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung


Werke

2H
UA: Café-théâtre L'absidiole Paris, 7.1.1971.
DSE: Theater am Neumarkt, Zürich, 24.3.1972. R: Jochen Neuhaus
Zwei Schauspieler improvisieren, sie erfinden ein Theaterstück. Aus einer albernen Boulevard-Komödie machen sie einen Psycho-Thriller, schließlich eine Horrorstory. Ein geistreiches Spiel über das und mit dem Theater.
2H
von Gustave Flaubert
in einer Fassung von Kezich Tullio und Luigi Squarzina
Besetzung ad libitum
UA der Übersetzung: Städtische Bühnen Heidelberg, 13.1.1974. R: Guido Huonder
Die Farce um zwei Antihelden, die verbissen aber erfolglos jede Form intellektueller Betätigung ausprobieren, um schließlich als stumpfsinnig-zufriedene Büroangestellte zu enden, ist eine gekonnte Satire sowohl auf eine angebliche geistige Elite, wie auch auf die Ignoranz der breiten Bevölkerung.

Für das Teatro Stabile in Genua haben Tullio Kezich und Luigi Squarzina eine Bühnenfassung von Flauberts "literarischem Testament", dem unvollendet gebliebenen Roman BOUVARD UND PÉCUCHET, eingerichtet. Gerda Scheffel hat sie ins Deutsche übersetzt.
Besetzung ad libitum
1D-8H
Wie später im TOLLEN TAG benutzt Beaumarchais auch in DER BARBIER VON SEVILLA das spanische Lokalkolorit als Vorwand, um Sitten seiner Zeit zu kritisieren. ... Figaro ist ein Mensch, der nur existieren kann, indem er auf seine Ambitionen verzichtet, und der an einer Gesellschaft scheitert, in der sich die Privilegierten mit ihren Interessen gegen ihn durchsetzen. Allerdings verliert er deshalb nicht seine Laune, seine Ironie und seinen Witz, mit dem er den Leuten ein paar Wahrheiten sagt. Er ist eine Figur zwischen Rabelais' Panurge und dem Pariser Straßenjungen Gavroche. (Gerda Scheffel)
1D-8H
4H
UA: Comédie de Paris, 1962. R: Olivier Hussnot.
DE: Junges Theater Göttingen, 1967/68
Ein absurdes Spiel zwischen einem König, einem Minister und einem Koch. Der König und der Minister hausen in einem Zimmer vollgestopft mit verstaubtem, verblichenem Prunk. Es bleibt ihnen nichts, als sich eine Komödie nach der anderen vorzuspielen, bis der Tod ihrem Spiel ein Ende setzt.
4H
3D-4H
UA der Übersetzung: Theater der Freien Hansestadt Bremen, 02.03.1977. R: Helmut Polixa
Die erste überwiegend gelungene Übersetzung eines Marivaux, bemerkte Ernst Wendt zu Gerda Scheffels Übersetzung von DER PRINZ ALS ABENTEURER.

"Marivaux’ Sprache empfindet auch ein Durchschnittsfranzose als nicht veraltet. Sie ist ihm wesentlich näher als die Molières. Es war deshalb mein Bemühen, dem Original so eng wie möglich zu folgen und eine Sprache zu finden, die – ebenso wie die von Marivaux – modern ist, ohne jedoch in irgendwelche Modernismen zu verfallen." (Gerda Scheffel)
3D-4H
4D-10H (+ Statisten)
UA der Übersetzung: Bayerisches Staatsschauspiel, München, 10.1.1976. R: Franco Enriquez
Da Beaumarchais' Wortkaskaden, seine sich manchmal überschlagenden, nicht immer eindeutig klaren Einfälle, Witze, Wortspiele besonders schwer übertragbar sind, haben die meisten Übersetzer sich darauf beschränkt, seine Gedanken mit ihren eigenen Worten - mehr oder minder genau - wiederzugeben und das, was nicht in das Klischee der griffigen Komödie passt, einfach wegzulassen. Diese Übersetzung bemüht sich, Beaumarchais endlich gerecht zu werden, das heißt, ihm auch da zu folgen, wo er etwas komplizierter wird, und seine witzigen Einfälle nicht in vordergründigen Gags aufzulösen. (Gerda Scheffel)
4D-10H (+ Statisten)
6D-4H
Marivaux’ Komödie in einem Akt zeigt eine Gruppe von Bediensteten – bestehend aus zwei Paaren –, die zur Hochzeit ihrer Herrschaften ein Stegreifspiel einproben. Bald geraten sich die Paare in die Haare, weil sie in den kreuzweise angelegten Liebesszenen Fiktion und Wirklichkeit verwechseln.
Weitere Verwicklungen entstehen, als die humor- und mittellose Mutter der Braut von der geplanten Inszenierung erfährt und diese verhindern möchte. Das ruft wiederum die reiche Erbtante des Bräutigams auf den Plan, die als Komödienliebhaberin droht, die Hochzeit platzen zu lassen. Die Brautmutter setzt nun alles daran, das Stegreifspiel trotz der widrigen Umstände auf die Bühne zu bringen. Sie übernimmt selbst die Regie in der Komödie, die sie eben noch verbieten wollte.
6D-4H
3D-3H
Die wohlbehütete Angélique soll nach dem Willen ihrer Mutter den nicht mehr allzu jungen und nicht sonderlich charmanten Monsieur Ergaste heiraten, liebt aber dessen mittellosen Neffen Dorante. Verständlich, dass die Tochter ihre Gefühle vor der Mutter zu verbergen sucht. Als die Mutter die Geheimniskrämerei der Tochter bemerkt, macht sie ihr, um auch in ihre verborgenen Bereiche vorzustoßen, ein kurioses Angebot: Angélique soll in ihr nicht mehr die Mutter, sondern die Vertraute sehen; was sie der Mutter verheimlicht, soll sie der Freundin anvertrauen. Die sich daraus entwickelnden Gespräche zwischen Tochter und Mutter/Vertrauter sind in ihrem Changieren zwischen Verbergen und Enthüllen, Seelenstriptease und Sprachlosigkeit atemberaubend. Besondere Spannung erzeugt die Tatsache, dass die Mutter das neue Vertrauen der Tochter benutzt, um das Misstrauen gegen den Geliebten und die verbündete Zofe Lisette zu schüren.

Für ihre Marivaux-Übersetzungen ist Gerda Scheffel mit dem Orden der "Palmes académiques" der französischen Regierung ausgezeichnet worden. "Erst dank ihrer Vermittlung konnte die sprachpsychologische Komplexität des sogenannten ,marivaudage’ ein deutsches Publikum erreichen", schrieb die FAZ.
3D-3H
3D-6H
UA der Übersetzung: Landestheater Neuss, 24.10.1980. R: Jürgen Strube
Zwar sind die ersten beiden Teile der FIGARO-Trilogie durch die Opern von Rossini und Mozart als Stoffe in Deutschland populär geworden und fanden auch allmählich ihren Platz auf den Bühnen der Theater. Aber die gesamte Trilogie einschließlich des dritten Teils EIN ZWEITER TARTUFFE ODER DIE SCHULD DER MUTTER kennen fast nur Literaturhistoriker. Mit diesem dritten Stück kehrt Beaumarchais zu seinen Anfängen zurück, als er bürgerliche Trauerspiele schrieb, ohne jedoch auf Komödieneffekte zu verzichten.
"Inzwischen sind die Protagonisten des TOLLEN TAGS um zwanzig Jahre älter geworden... Figaro ist besonnener geworden. Wir nehmen nicht mehr an einem raschen, brillanten Florettgefecht teil, sondern an einem meisterhaft geführten Zweikampf Figaros gegen Tartuffe, der sich in die Familie des Grafen eingeschlichen hat, ein Zweikampf, dessen einzelne Runden wir gespannt verfolgen, da Figaros Sieg nur hart errungen wird. ... Für uns ist auch hier wieder der Widerspruch von Scheinmoral und wirklichem Verhalten aktuell. 'Molières Tartuffe war ein Hypokrit der Religion, deshalb täuschte er von der ganzen Familie Orgons nur das beschränkte Oberhaupt. Dieser hier, weit gefährlicher, ein Tartuffe der Rechtschaffenheit, beherrscht die profunde Kunst, sich das respektvolle Vertrauen aller Familienmitglieder zu erwerben, die er ausnimmt', schreibt Beaumarchais." (Gerda Scheffel)
3D-6H
1D-7H
Marivaux’ einzige Tragödie wurde zwar schon einmal von Lessing übersetzt, doch konnte sich diese Übertragung im 18. Jahrhundert nicht durchsetzen – heute sind davon nur einige kurze Passagen erhalten. Das Stück schildert die Konfrontation des in die Jahre gekommenen Hannibals mit dem übermächtigen und alles assimilierenden Rom. Eine Entdeckung: ein ganz anderer Marivaux, wie er noch nie in deutscher Sprache zu sehen war!
1D-7H
MONSIEUR TRAUM
Produktion: SDR 1992
Erstsendung: 28.05.1992
109 Min.