Henry Thorau

geboren 1952 in Rosenheim. Zum Verlag kam der heutige Professor für Brasilianische und Portugiesische Kulturwissenschaft an der Universität Trier als Übersetzer von Augusto Boal, dessen THEATER DER UNTERDRÜCKTEN er 1979 auf Deutsch herausgegeben hatte. Auch das Werk des »großen Skandalmachers und größten Dramatikers Lateinamerikas« (Der Spiegel) Nelson Rodrigues hat er – gemeinsam mit Marina Spinu – übersetzt und den deutschsprachigen Theatern erschlossen. Er ist Herausgeber mehrerer Sammelbände zu portugiesischer Literatur.

Auszeichnungen (Auswahl):

2002 Ritterkreuz des Rio-Branco-Ordens, Brasilien
2018 Medaille für Freundschaft und Wissenschaft des Ibero-Amerikanischen Instituts Berlin


Werke

Besetzung ad libitum
Vier satirische, ca. halbstündige Episoden, die an einem Abend gespielt werden können (aber nicht müssen). Ein Familienausflug findet mit, eine Trauerfeier ohne Leiche statt. Grellkomische Geschichten aus "unserem Amerika" – aus "unserem", das heißt: dieses "Amerika" ist überall.
Besetzung ad libitum
1D-5H
UA: Teatro Aberto, Lissabon, 1. 5. 1998. R: João Laurenço
Ein Stück über Rassismus und Gruppenzwang: Fünf junge Männer entführen eine Schwarze. Sie wollen sie vergewaltigen und umbringen. Doch es läuft nicht alles nach Plan: einer steigt aus, und das Opfer, so scheint es, hat plötzlich alle in der Hand. Auf der Folie portugiesischer Kolonialvergangenheit fragt Lopes, was aus Kindern wird, deren Eltern Krieg geführt haben und die immer noch selbstgerecht glauben, Gut und Böse unterscheiden zu können. Ein Thema, das weit über Portugal hinaus reicht. Ein Stück für junge Darsteller und ein junges Publikum.
1D-5H
von Augusto Boal
Übersetzung zusammen mit Peter Urban
3D-3H
UA: Teatro TAIB, São Paulo, 4.10.1978.
DE: Vereinigte Bühnen Graz, 16.10.1982. R: Augusto Boal
Das inzwischen klassische Stück über Migranten:
"In den Szenen bewegen sich sechs Menschen auf den Straßen des Exils, auf der Suche nach dem 'Land ohne Wind', in dem sie bleiben können, Flüchtlinge. Sie bleiben dabei nicht die, die sie anfangs sind. Je länger die Flucht dauert, um so mehr verändert und zerstört sie die Identität der Fliehenden. Der Zwang zum Wechsel der Orte besetzt ihr Denken und verbraucht ihre Empfindungskräfte. Auch in ihren Gefühlen füreinander werden sie hastig, ungenau, beinahe wahllos. Zärtlichkeit, Liebe - wie können sie wahr werden, mitten im Entsetzen? So viel muß vergessen werden für einen Moment des Glücks, daß die Frau es nicht aushält und das Leben verläßt. Diese Trennung für immer hat Boal in eine der verzweifeltsten Abschiedsszenen des gegenwärtigen Theater gefaßt. Im letzten Bild kommen alle Personen noch einmal auf die Bühne, sie tragen nun andere Namen, stellen andere dar, aber ihre Situation ist wieder die der Flüchtlinge zu Anfang des Stücks: Die Geschichte der Vertreibung kennt kein Ende." (Peter Iden)
3D-3H