Geraldine Gabor

geboren 1958 in Arad (Rumänien). Sie besuchte von 1978 bis 1985 das Sprachen- und Dolmetscherinstitut München (Französisch und Italienisch) sowie die Ludwig-Maximilians-Universität München (Italianistik). Langjährige Arbeit als freie Übersetzerin. Geraldine Gabor starb im April 2021.

Auszeichnungen (Auswahl):

1995 Übersetzer-Stipendium des Kultusministeriums NRW


Werke

3D-7H
EA der Übersetzung: Thüringer Landestheater Rudolstadt, 22.6.2013. R: Carl-Hermann Risse
Florindo ist vor seiner Stiefmutter aus dem Haus geflohen und vom Vater schon halbwegs enterbt; er ist dazu noch unpraktisch, schüchtern, verzagt und als Bürgerssohn unfähig, auch nur einen Scudo zu verdienen. Als einzige hält zu ihm die Magd seines Vaters, eine junge Witwe, die den Unglücklichen ins Elend begleitet und ungehörigerweise mit ihm unter einem Dach lebt. Aber Corallina ist weder seine Geliebte, noch will sie von einer Heirat aus Dankbarkeit etwas wissen. Sie ist das weibliche Genie, das mit Charme, Zuversicht, Mutterwitz, praktischem Verstand und dem Talent zu segensreicher Intrige den Knäuel der Situation entwirrt. Durchtriebener als ein Politiker und beredter als ein Anwalt zieht sie die Fäden: Sie verkuppelt ihren Herrn mit einem reichen Mädchen, das dieser sowieso heimlich anbetet; sie öffnet dem verblendeten Alten die Augen über die wahren Motive von Florindos Stiefmutter; sie organisiert sogar diesem bösen Weib eine kleine Rente; und bei alledem springt auch für sie etwas heraus: eine Mitgift, die es ihr erlaubt, sich innerhalb ihrer eigenen Standesgrenzen neu zu verheiraten.

"Wieder einmal spricht sich Goldoni gegen die Liebe und für den gesunden Menschenverstand aus. Was er von der Liebe und Liebesheirat hält, erfährt man aus seinem Stück DIE VERLIEBTEN, in dem zwei junge Leute einander das Leben zur Hölle machen..." (Geraldine Gabor)
3D-7H
3D-5H
Dona Angela ist lebenslustig, einfallsreich und durchtrieben. Aber sie befindet sich noch im Trauerjahr und wird von ihren Brüdern Don Luis und Don Juan aufs Schärfste bewacht. Verschleiert gelingt ihr ein Spaziergang. Aber schon ist sie verfolgt von Luis, der allerdings gar nicht weiß, dass er seiner Schwester hinterher rennt, sondern lediglich von der anmutigen Gestalt verzaubert ist. Angela bittet einen x-beliebigen Fremden um Hilfe und dieser Edelmann namens Don Manuel ficht mit Luis bis die Klingen brechen und Don Juan in Manuel seinen besten Freund erkennt. Er quartiert ihn bei sich ein und Manuel lebt Tür an Tür mit Angela, die er nicht zu Gesicht bekommen darf, die sich ihrerseits aber bereits unsterblich in ihn verliebt hat. Was nun unter diesem Dach geschieht, wozu Geheimtüren, närrische Diener, vor Liebe und Eifersucht schielende Männer und raffinierte Frauen fähig sind, führt dieses 1629 in Madrid uraufgeführte Lustspiel auf anmutige und gleichzeitig turbulente Weise vor.
Ein Klassiker von Calderón, berühmt aber nur selten gespielt. Für eine Beschäftigung mit diesem Stück ist daher eine Neuübersetzung unumgänglich, eine Übersetzung, die soweit wie möglich das alte Original bewahrt, es aber doch für das heutige Theater entdeckt und spielbar macht – was Geraldine Gabor glänzend gelungen ist.
3D-5H
3D-8H
Das eigentliche Schlachtfeld Goldonis ist die bürgerliche Familie. Auf diesem Feld spielt auch diese höchst materialistische Komödie, in deren Mittelpunkt ein antiquitätenbesessener Adliger steht, der mit seiner Sammelwut die Familie in den Ruin zu treiben droht.

"Das Ziel meines Übersetzens ist das gesprochene Wort und sein Klang, als würde es eben im Sprechen geboren. Gelingt es, so komme ich, bei gleicher Treue gegen das Original, zuweilen mit der Hälfte der Wörter aus wie meine Vorgänger. Dass dabei Redundanzen verschwinden, kommt dem Gestischen des Spiels zugute." (Geraldine Gabor)
3D-8H
3D-6H
UA der Übersetzung: Staatstheater Darmstadt, 4.12.1999. R: Thomas Krupa
Pantalone de' Bisgnosi und Dottore Lombardi haben soeben das Verlöbnis ihrer beiden Kinder Clarice und Silvio besiegelt. Die Liebesheirat ist nicht selbstverständlich, denn Clarice war ursprünglich einem reichen Turiner Geschäftsfreund versprochen, doch Frederigo Rasponi wurde im Duell erstochen. Da taucht ein Diener auf und kündigt den Besuch des Totgeglaubten an. In Wirklichkeit handelt es sich aber um Beatrice, die in Männerkleidung reisende Schwester des Getöteten. Sie ist nach Venedig gekommen, um ihren Verlobten Florindo Aretusi zu suchen. Der hatte sich mit Frederigo duelliert, musste aus Turin fliehen und ist inzwischen inkognito ebenfalls in der Lagunenstadt.
Dass sich diese an sich schon unübersichtliche Situation weiter verwirrt, liegt daran, dass Truffaldino, der Diener von Beatrice, an der Seite seines "Herrn" einfach zu keiner Mahlzeit kommt. Als er die Warterei satt hat und sich einem Gasthaus nähert, bietet ihm dort jemand an, in seine Dienste zu treten: Orazio Ardenti alias Florindo Aretusi. Mit der Aussicht auf doppelten Lohn beginnt Truffaldino ein strapaziöses Doppelleben als Diener zweier Herren und hält dabei diejenigen getrennt, die sich so sehnlich suchen. Trotz alledem bleibt auch ihm noch die Zeit, sich zu verlieben. Clarices Kammerzofe Smeraldina hat es ihm angetan...
3D-6H
Besetzung ad libitum
UA: Stadttheater Hildesheim, 30.5.2003. R: Ludmilla Heilig
Mit DER EINGRIFF hat István Eörsi eine "tragische Farce" geschrieben: ein Spottlied auf die Zustände im öffentlichen Leben – nicht nur – von Eörsis Heimatland Ungarn und darüber hinaus auf innerfamiliäre Strukturen.
Besetzung ad libitum
4D-10H
Protagonist dieser Komödie ist ein Fächer, den Evaristo seiner Angebeteten Candida schenken will. Bevor er jedoch sein Ziel erreicht, wechselt der Fächer etliche Male den Besitzer, wird verhökert, heimlich zugesteckt, gewaltsam entrissen, gestohlen und verschenkt – und sorgt dabei für allerhand Verwicklungen. Eine meisterhaft gebaute Komödie mit vielen wunderbaren Rollen.

"Wie kaum in einem anderen Stück führt Goldoni hier die verschiedenen Gesellschaftsschichten zusammen. Protagonist aber ist ein Fächer, den Evaristo seiner Angebeteten Candida schenken will. Bevor der Fächer sein Ziel erreicht, wechselt er etliche Male den Besitzer, wird verhökert, heimlich zugesteckt, gewaltsam entrissen, gestohlen und verschenkt - und sorgt dabei für allerhand Verwicklungen. Eine meisterhaft gebaute Komödie mit vielen wunderbaren, handfesten Rollen.
Die Komödie 'Der Fächer' stammt aus Goldonis Pariser Zeit. Er hatte 1761 auf Einladung des französischen Hofs die Aufgabe übernommen, der berühm-ten aber heruntergekommenen Pariser Comédie-Italienne wieder zu Ansehen zu verhelfen. Aber weder das Niveau der Truppe noch die Sprachsituation erlaubten ihm, seine Theaterreform fortzuführen. Die Schauspieler weigerten sich, auswendig zu lernen; und sie hatten sogar recht mit dem Argument, das Publikum könne mit dem Italienisch nichts anfangen. Goldoni blieb nichts übrig, als zum Stehgreiftheater zurückzukehren und es gar noch mit französisch-sprechenden Personen auszustaffieren. In dieser (verlorenen) Fassung fiel 1763 die Komödie 'L’éventail' durch.
Goldoni wusste aber sehr gut, was ein Entwurf wert war, der 'aus vielen kurzen und prickelnden Szenen besteht, belebt von nie abreißender Handlung und ständiger Bewegung, so dass die Schauspieler nichts zu tun brauchen, als mehr durch Agieren als durch Worte zu wirken.' Er arbeitete die Skizze aus und hatte mit 'Il ventaglio' 1765 im fernen Venedig einen seiner größten Erfolge.
Wie 'Streit in Chiozza' ist 'Der Fächer' ein volkreiches Stück, dessen Handlung sich an einem Nichts entzündet. Wohl kein anderes Stück Goldonis lebt so von einer Fülle kleiner Handlungen bei so knappem Dialog. Zweimal kommt es sogar ganz ohne Worte aus: in der Eröffnungsszene, die alle 'dramatis personae' auf einem Dorfplatz bei ihrer täglichen Beschäftigung vorstellt - den Schuster hämmernd, den Apotheker Medizin stoßend, die Bäuerin beim Spinnen und die Standespersonen in ihrem Müßiggang -, und am Anfang des dritten Akts, der denselben Zustand noch mit einer Fülle von Pantomime durchflicht.
Der Fächer erlebt eine Odyssee durch die Hände fast aller Personen, ehe er endlich die Person erreicht, der er von Anfang an zubestimmt war. Die sporadische Berührung mit dem Fächer macht die Charaktere und die zwischen ihnen waltenden Spannungen sichtbar; in den Sympathien, die (wie immer bei Goldoni) den einfachen Leuten gelten, und der Antipathie gegen den Adel tönt leise schon das Grollen der Französischen Revolution auf.
Alle Rollen sind interessant; am neuartigsten wohl die des empfindsam liebenden jungen Bürgers, des Antihelden, der in der Aufregung des Duell-Entschlusses ohnmächtig wird und auf dem Höhepunkt seines Kummers fest einschläft.
Im Gegensatz zu den Konversationskomödien Goldonis war 'Der Fächer' leicht zu bearbeiten – schon durch eine Übersetzung mehr dem Sinn als dem Wort nach war eine Lakonisierung zu erzielen, die dem Stück das 'Altmodische' austreibt, ohne es seiner Patina zu berauben." (Geraldine Gabor)
4D-10H
4D-8H (Statisten)
DER KRIEG ist ein unter Goldonis 218 Stücken ein sehr fremd wirkendes - eine Revue aus dem Soldatenleben zwischen zwei Schlachten: Don Faustino, Hauptmann der Belagerer, verliebt sich in die schöne Florida, die Tochter des unterlegenen Festungskommandanten. Je nach Laune und gerade vordringlichem Interesse wird weiter Krieg geführt. Alle "privaten" Interessen der Untergebenen haben sich den "politischen Sachzwängen" zu fügen. "Unter den lauten Männerspäßen im Feldlager lauert das Grauen, und das Geschehen kann jederzeit ins Tragische abstürzen."
4D-8H (Statisten)
von Carlo Goldoni
Übersetzung zusammen mit Hans Krieger
3D-7H (+ Statisten)
Lelio ist ein Faktenverdreher und Hochstapler, und das vor allem, geht es ums andere Geschlecht. Kaum in Venedig angekommen, verdreht er Rosaura und Beatrice, zwei ebenso heiratswütigen wie streitsüchtigen Töchtern aus gutem Hause, den Kopf. Er gibt sich als wohlhabender Edelmann aus und brüstet sich, mit beiden die Nacht verbracht zu haben. Immer mehr jedoch verstrickt sich Lelio selbst im Netz seiner Lügen. Einem Duell auf Leben und Tod entgeht er nur knapp. Aufrichtig scheint einzig seine Liebe zu Rosaura zu sein. Sein venezianischer Erbonkel indes hat schon eine Hochzeit für ihn arrangiert. In seiner Not erfindet Lelio eine schwangere Braut, die in Neapel auf ihn warte. Doch dann eröffnet ihm sein Onkel, dass es niemand anderes als Rosaura ist, die er Lelio zur Frau geben wollte. Und als wäre das nicht schon der Verwicklungen genug, meldet sich schließlich noch eine leibhaftige Verlobte aus Rom... Eine Komödie übers Lügen, voller Windungen und Wendungen.
3D-7H (+ Statisten)
5D-7H
La casa nova entstand 1760; Goldoni will die Komödie in drei Tagen heruntergeschrieben haben. Er war selber gerade umgezogen; die Auseinandersetzungen mit Maurern, Malern und Schreinern waren ihm eine noch ganz frische Erfahrung. In diese Umzugssituation stellt der Dichter eine junge Frau, die nicht ahnt, wie bescheiden die finanziellen Verhältnisse ihres Ehemanns sind, und ihren Feigling von Gatten, der sich seiner Frau nicht anvertraut. Wäre nicht ein reicher Onkel herumzukriegen, so drohte der Ruin.
Obwohl "La casa nova" in Italien zu Goldonis meistgespielten Theaterstücken gehört, gibt es außer einer Übersetzung aus dem 18. Jahrhundert keine deutsche Theaterfassung. Das ist das Schicksal fast aller Dialektkomödien Goldonis. In "La casa nova" spricht das Dienstmädchen ein urwüchsigeres Venezianisch als die Damen; Pantalone zwar, die ehrliche alte Haut, bekennt sich sprachlich zum einfachen Volk; aber bei der überheblichen Cecilia schwächt sich der Dialekt schon in dem Maße ab, in dem sie über ihre Verhältnisse lebt. Dass der verarmte Adlige, die eigentliche Negativfigur des Stücks, ein dialektfreies Italienisch spricht, beweist ihn als schon ganz der Natur entfremdet.
Bei solcher Vielfalt der Sprach-Ebenen muss sich der Übersetzer zur Bearbeitung entschließen. Ersetzt er den Dialekt durch eine frische und heutige Umgangssprache, so ist der Abstand zu dem darüberliegenden Sprachregister des Grafen nur dadurch zu erhalten, dass man dieses mit Fremdwörtern spickt.
Außerdem zwingt die Eile und Nachlässigkeit, mit der Goldoni die Komödie aufs Papier geworfen hat, zum Nachstechen der zuweilen etwas flach angelegten Charaktere. So sind im Original die Schwestern Checca und Rosina kaum zu unterscheiden. Dagegen ist der Umschwung im Verhalten der Cecilia eine allzu naive und unvermittelte Verkehrung von Schwarz in Weiß. Hier wurde behutsam in das "schwarze" Verhalten schon ein wenig Weiß eingeblendet – Cecilia trumpft aus Unwissenheit auf, und nicht aus Lieblosigkeit – und in der Sündenreue ein wenig von der alten Selbstverliebtheit stehengelassen: die Heldin meistert die Situation mit dem praktischen Sinn der Goldonischen Frauen und ist sich ihrer Taktik kokett bewusst.
Drittens wurde das Stück von Redundanzen befreit. Ein Diener, der keine andere Funktion hat, als die Türen zu öffnen, ist entbehrlich; und entbehrlich sind auch endlose Repliken, die sich auf unverständlich gewordene Bräuche beziehen. Das venezianische Ambiente mit seinen Kanälen, Gondeln und Innenhöfen blieb selbstverständlich erhalten.
(Geraldine Gabor)
5D-7H
3D-9H
In seinem Lustspiel DIE TOLEDANISCHE NACHT wirbelt Lope de Vega eine Handvoll liebes- und erlebnisdurstiger Menschen im nächtlichen Gasthof so durcheinander, dass am Ziel jeder bestürzt erkennen muss, dass er gar nicht mit der ersehnten Person Zimmer und Lager teilt, sondern mit einer ganz anderen. Es ist nicht nur der Zufall, der das traumhafte Geschehen steuert - es steckt die List einer Frau dahinter, die einen untreuen Liebsten zurückerobert, die Genasführten teils segensreich, teils boshaft neu verkuppelt und dabei selber von einer Kalamität in die andere kommt. Die durch ihre Goldoni-Übertragungen bekannt gewordene Übersetzerin Geraldine Gabor hat Lopes personenreiche barocke Komödie neu entdeckt.
"Von den Dichtern des ‚siglo de oro' - Cervantes, Tirso de Molina, Calderon - vergötterte das Volk keinen mehr als Lope de Vega (1562-1635). Wollte man etwas preisen, so sagte man nicht ‚es ist gut', sondern ‚es ist Lope'. Von der rund 1500 Theaterstücken Lopes sind 477 erhalten; viele an Handlungserfindung, an Seelenkenntnis und Schönheit des Worts von shakespearschem Genie. Keines davon hat der Dichter nach der Niederschrift überfeilt - das war gar nicht möglich bei so stürmischer Produktion. Jede Lope-Übersetzung muss daher zugleich eine Bearbeitung sein, die dramaturgische Schludrigkeiten, Brüche im Dialog und nicht durchgestaltete Nebenrollen tilgt. In meiner Prosa-Modernisierung habe ich die barocke Spannung der Komödie zu erhalten gesucht. Ich hoffe, die Bearbeitung gewinnt dem heutigen Theater dieses Meisterwerk spanischer Dramatik zurück." (Geraldine Gabor)
3D-9H