Peter Verhelst

geboren 1962 in Brügge / Flandern. Neben Theaterstücken hat der flämische Autor und Performer auch mehrere Romane und Gedichtbände geschrieben. Sein literarisches Debüt war 1987 der Gedichtband "Obsidiaan".

Auszeichnungen (Auswahl):

2000 Literaturpreis "De Gouden Uil"
2001 Taalunie Toneelschrijfprijs für ARS!


Werke

Zusammen mit Luk Perceval
Deutsch von Rainer Kersten
2D-2H
UA: Saarländisches Staatstheater, Saarbrücken, 22.3.2003. R: Kay Neumann
Peter Verhelst zählt zu den Hauptmachern der unkonventionellen radikalen Theaterszene in Belgien. Für Het Toneelhuis in Antwerpen und den Regisseur Luk Perceval hat er die Orestie des Aischylos seziert und neu gefasst. Entstanden ist eine "Anatomische Studie der Orestie", eine Reduktion und Zuspitzung auf die tragische Familienkonstellation, als eine Keimzelle von Gewalt wie Utopie. Beschreibt Aischylos in seiner Orestie den historischen Schritt vom Recht des Stärkeren zur Stärke des Rechts, so hebt Verhelsts Bearbeitung des antiken Stoffs diese optimistische Perspektive wieder auf.
Verhelst hat ARS! den Monolog einer IFIGENIA IN ATTIC vorangestellt. Aus den lyrischen, verstörenden Textfragmenten bekommt der Zuschauer eine Ahnung davon, was Ifigenia erlitten hat. Der dritte Teil, der Epilog HISTOIRE D'A (Nachbild), beschreibt mit einer beklemmenden Sprache wie die Erinnerung an Krieg und Zerstörung die Figuren nicht loslässt.
2D-2H
Deutsch von Rainer Kersten
3H
UA: NTGent, 8.1.2010. R: Peter Verhelst.
DSE: LAndesbühne Niedersachsen Nord, Wilhelmshaven, 21.9.2019. R: Robert Teufel
Peter Verhelsts JULIUS CAESAR ist keine Paraphrase der Shakespearschen Tragödie, sondern eine Studie über die Rhetorik der Macht und ihre düstere Erotik. Ausgangspunkt für sein Dreipersonenstück war eine Untersuchung der sprachlichen Stilmittel, die seit Jahrtausenden in politischen Reden in immer neuen Variationen wiederkehren.
Durch seine Beredsamkeit ist es C (Caesar) gelungen, sich als Stimme der Unterdrückten zu präsentieren: Er benennt ihre tiefsten Ängste; er fasst in Worte, was sie immer gewollt haben; er lehrt sie träumen. In einer Art politischen Katechismus-Stunde unterweist er B (Brutus) in der Kunst, wie man das Volk – mit den Mitteln der Sprache – unter der Fuchtel der eigenen Macht hält. Das Volk, verdichtet in der Figur TreuEhrUndVolk, hat unterdessen nichts zu sagen. Es findet sich in der Statistenrollen wieder.
3H
Deutsch von Rainer Kersten
2 D/H
UA: Kaaitheater Brüssel, 16.9.1999. R: Thierry Smits.
DE: schauspielfrankfurt, 20.2.2004. R: Christiane Schneider
RED RUBBER BALLS setzt an, wo die Geschichte von Romeo und Julia endet, mit dem Tod des tragischen Liebespaars. Romeo und Julia sind wieder zusammen, post mortem vereint. Ihre Monologe und Dialoge lassen an ein Ritual der Leidenschaft denken - die Sehnsucht nach dem völligen Verschmelzen mit dem anderen Menschen ist das große Thema des Textes. Die Grenzen zwischen Personen, und die zwischen Mensch und Mechanik, Mensch und Ding verschwimmen - dramaturgische Mittel sind Perspektivwechsel, changierende Sprecherpositionen, Paradox und Rätsel: "Doch es ist nicht die Welt, der schwindelt, sondern das Bild/ Dem schwindelt vor der so genannten Welt." (Peter Verhelst)
2 D/H
Deutsch von Rainer Kersten
4D-6H
UA: ZT Hollandia, Eindhoven, 23.4.2004. R: Johan Simons.
DSE: Landesbühne Niedersachsen Nord, Wilhelmshaven, 26.1.2019.
Mit RICHARD III. BIN DURCH SÜMPFE GEWATET, MENSCHLICHE ODER NICHT hat Peter Verhelst zum zweiten Mal nach seiner ROMEO UND JULIA-Adaption einen Shakespearschen Stoff bearbeitet. Verhelst nutzt seine kraftvolle Sprache zur Vivisektion der innigen Verknüpfung von Lust und Tod. Sein König Richard tritt nicht als blutiger Mörder in Erscheinung, sondern als manipulierender Psycho-Stratege. Omnipräsent ist im Stück Richards Mutter, die Herzogin, gezeichnet von einem Leben, das darin bestand, das Schlimmste zu verhindern. Peter Verhelsts Richard III. wurde 2004 in der Regie von Johan Simons an der Stadsschouwburg Eindhoven uraufgeführt; die Produktion eröffnete auch die Theaterformen 2005 in Braunschweig.
4D-6H
Deutsch von Rainer Kersten
3D-9H
UA: Holland Festival / Stadsschouwburg Amsterdam, 16.6.1998. R: Ivo van Hove.
DE: Staatstheater Stuttgart, 16.1.2004. R: Elias Perrig
In der Version von Peter Verhelst, geschrieben für die niederländische Theatergruppe Hollandia, herrscht das Chaos. Das Verlangen nach Harmonie und Einheit ist zugleich ein Verlangen nach dem Tod. Verhelst zeigt die Menschen als "sich selbst vernichtende Maschinen". Es gibt keinen Platz für Versöhnung und Läuterung. Romeos und Julias Liebe ist eine Leidenschaft, ein kurzes Aufblitzen, die kurze, vergebliche Hoffnung, dem Chaos des Lebens zu entgehen.
3D-9H